Die Wissenschaft streitet sich noch darüber, ob Hunde hochsensibel sein können. Wer aber schon einmal einen Hund beobachtet hat, der scheinbar alle Umweltreize ungefiltert wahrnimmt und damit immer überforderter wird, muss sich eingestehen, dass so etwas wie Hochsensibilität bei Tieren existiert.
Die Hochsensibilität kann sich beim Hund auf viele Arten bemerkbar machen. Generell reagiert mein Hund eher auf subtile Reize, die kaum hörbar sind oder auf leichte Bodenerschütterungen. Eine gewissen Lärmempfindlichkeit ist ebenfalls vorhanden. Die Schattenseite dieser extremen Sensibilität äußern sich nicht selten in psychosomatischen Beschwerden, wie eine Empfindlichkeit des Magen/Darms, Futtermittelunverträglichkeiten, generelle Müdigkeit und schnellerer Ermüdung, z. B. beim Trainieren.
Hochsensible Hunde können sehr empathisch sein und die Stimmung sowie die körperliche Befindlichkeit ihres Menschen schon erahnen, bevor man es selbst tut.
Diesen Hunden fällt es schwer, wichtige von unwichtigen Reizen zu unterscheiden, meistens können sie es gar nicht. So kann ein störendes Hintergrundgeräusch nicht einfach ausgeblendet werden. Die Flut an Umweltreizen, denen wir ganz selbstverständlich jeden Tag ausgesetzt sind, muss erst einmal verarbeitet werden. Hochsensiblen Wesen fällt das sehr schwer, weswegen es häufig zu einer erhöhten Ausschüttung von Stresshormonen kommt.
Wie können Tiere damit umgehen? - Sie reagieren instinktiv. Es könnte zu überschießenden Reaktionen kommen, wie in die Leine gehen, zurückweichen, sich verkriechen oder wütend werden, wenn plötzlich viele Reize aufeinandertreffen.
Wenn man Besitzer/-in eines hochsensiblen Hundes ist und nicht adäquat darauf reagiert, sondern meint, das Tier müsse sich dem, was es überreizt oder ängstigt, zwingend stellen, kann es passieren, dass es krank wird.
Wie kommt es zur Hochsensibilität?
Dieses Persönlichkeitsmerkmal ist angeboren oder wurde durch ein traumatisches Ereignis erworben, an das der Hund unbewusst immer wieder erinnert wird, zum Beispiel kann das bei Hunden mit leinenaggressivem Verhalten der Fall sein. Vergleichbar ist das beim Menschen mit der Posttraumatischen Belastungsstörung, wo man auch immer wieder Flashbacks erlebt und unter einer erhöhten Wachsamkeit und/oder Schreckhaftigkeit leiden kann.
Was bedeutet das für das Hund-Mensch-Team?
Das Leben mit einem hochsensiblen Hund ist etwas ganz Besonderes. Es bedeutet aber auch, dass man den Hund noch gezielter vor Reizüberflutung schützen muss. Dies kann bedeuten, dass er mehr Ruhe und Rückzug braucht, als wir es uns manchmal wünschen würden. Diese Hunde können durch die Stimmung anderer Menschen oder Tiere leicht überfordert sein und dementsprechend darauf reagieren.
Hochsensible Hunde sind ein wahrer Segen, weil sie unsere Stimmungen und Befindlichkeiten wahrnehmen können wie niemand sonst, aber sie können auch manchmal eine große Belastung sein, besonders wenn auch der Besitzer bzw. die Besitzerin hochsensibel ist. Hier geht es dann um die gegenseitige Stimmungsübertragung. Dieses Phänomen lässt sich durch die Spiegelneuronen erklären. Spiegelneuronen sorgen z. B. dafür, dass wir mitfühlen oder dass wir zurücklächeln, wenn ein anderer Mensch uns anlächelt. Ebenso, dass wir automatisch Gesten des Gegenübers imitieren - das wiederum nennt man Resonanzphänomene.
Wenn wir innerlich kochen und eigentlich keine Lust haben, jetzt mit dem Hund spazieren zu gehen, wird der Hund die Stimmung übernehmen. Es nützt auch nichts, die negative Stimmung vor dem Hund zu verbergen, er hat sie sowieso schon bemerkt, bevor wir selbst wussten, dass wir gereizt sind. Hier hilft es nur, bei sich anzusetzen und wirklich runterzufahren, dann wird auch der Hund ruhiger werden.
Bei einem hochsensiblen Mensch-Hund-Team fällt die gegenseitige Abgrenzung von den Emotionen des anderen besonders schwer. Die Stimmungen gleichen sich an und es kommt zu einer Synchronisierung des Verhaltens. Beispielsweise geht man mit seinem momentan unverträglichen hochsensiblen Hund spazieren und gleich am Anfang des Weges kommt einem ein anderes Mensch-Hund-Team entgegen. Der Hund wird gestresst und tobt an der Leine, das wiederum beeinflusst die Emotionen des/der hochsensiblen Besitzers/Besitzerin. Und da man Stimmungen intensiver und tiefer wahrnimmt und sie länger nachhallen, kann es passieren, dass der gesamte Spaziergang von einer gereizten Stimmung überschattet ist.
Tipps bei Hochsensibilität des Hundes
• Dem Hund viel Zeit zum Entspannen geben. • Ein hochsensibler Hund braucht unbedingt einen strukturierten Tagesablauf mit festen Ritualen. • Nach aufregenden Erlebnissen Management-Maßnahmen anbieten – schnüffeln und kauen entspannt den Hund. • Annerkennen, dass die Hochsensibilität ein Persönlichkeitsmerkmal des Hundes ist und sich nicht wegtrainieren lässt. • Trainingseinheiten kurz, aber dafür öfter machen.
Für hochsensible Menschen
In Akutsituationen einen Kaugummi kauen oder Wasser trinken, dass lenkt von den einströmenden Reizen ab. Sich zu nichts zwingen lassen, auch nicht von sich selbst. Hochsensible Menschen brauchen mehr Ruhe und Regeneration. Du brauchst kein schlechtes Gewissen haben, wenn draußen das tollste Wetter ist, du dich aber nicht fit fühlst, um genau jetzt mit deinem Hund spazieren zu gehen.
Sich trauen, aus der Situation zu gehen. Wenn man mit Freunden und Hund etwas trinken geht und einem plötzlich alles zu laut und hektisch wird, scheue dich nicht, den Hund zu nehmen und eine Runde zu gehen, um runterzukommen. Oder wenn du irgendwo bist, wo du dich unwohl fühlst, gehe aus der Situation. Achtsamkeit mit dir selbst ist das Zauberwort, hinspüren, wo es dir zu viel wird, und dich bewusst zurückziehen.
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